Didaktisch-methodische Kurskonzeption der Oase-Intensivseminare für junge Menschen in BVJ-, BGJ- und BFS-Bildungsgängen

Ausgangssituation / Problemlage

Jugendliche  in berufsbildenden BVJ-, Berufseinstiegs- und BFS-Vollzeitklassen sehen sich mit unterschiedlichsten Anforderungen konfrontiert, die verschiedene gesellschaftliche Gruppen an sie stellen. Sie sind Teil der modernisierten Gesellschaft, die durch die wachsende Auflösung traditioneller Lebensformen, Pluralisierung von Lebensentwürfen, Individualisierung und Globalisierung gekenn­zeichnet ist. Autonomie, selbstbestimmtes Leben, Persönlichkeitsentwicklung und Selbstverwirklichung sind strukturelle Anforderungen dieser Gesellschaft, die viele Freiheiten individueller Lebensgestaltung ermöglicht. Die Gesellschaft produziert durch diese Anforderungen auch Verlierer, die diesen Anforderungen nicht gewach­sen sind. Mit gezielten Unterstützungen kann ihre gesellschaftliche Ausgrenzung ge­mindert werden.

Besonders in der Übergangsphase von der allgemeinbildenden  Schule in den Beruf werden konkrete Ansprüche an junge Menschen spürbar. Bei ca. 20 % eine Jahr­gangs funktionieren die konventionellen Übergänge von Schule in die heutige Berufs- und Arbeitswelt nicht mehr problemlos. Selbst mit einem  allgemeinbildenden Schul­abschluss gelingt einigen nicht der erfolgreiche Start in Duale Berufsausbildung oder in die Arbeitswelt.

Die Ausbildungsplatzsuche während der berufsbildenden Vollzeitschulform verlangt Eigeninitiative. Sie ist geprägt von Konkurrenz und Durchsetzungs­fähigkeit, von fach­lichem Wissen und Kommunikations- und Team­fähig­keit und verlangt  ein hohes Maß an Flexibilität und Mobilität.

Wesentliche Aufgaben der Jugendlichen in der Lebenssituation des Auf- und Umbru­ches lassen sich wie folgt charakterisieren:

  • Jugendliche müssen sich mit den Denkstrukturen und Arbeitsbedingungen der Berufs- und Arbeitswelt auseinandersetzen.
  • Sie vollziehen einen Rollenwechsel vom Schüler einer allgemeinbildenden Schule zum quasi Auszubildenden. So wird von ihnen erwartet, dass sie sich aus eigener Motivation mit beruflichen Fragestellungen auseinandersetzen und mit Erfolg und Misserfolg umgehen können.
  • Sie müssen die Einteilung und Gestaltung ihrer Freizeit neu organisieren.
  • Jugendliche müssen ihre Vorstellungen in bezug auf die ihre persönlichen beruf­lichen Perspektiven durch eigene Erfahrungen realistisch einschätzen lernen und Bereitschaft entwickeln, eine berufliche Identifikation aufbauen.

Adressaten/ Zielgruppen

Oase-Intensivseminare richten sich an junge Menschen im Verbund einer festen Lerngruppe bzw. in einem Klassenverband einer berufsbildenden Vollzeitschulform wie Berufsvorbereitungsjahr, Berufseinstiegs- oder Berufsfachschule.

Ziele

In drei- oder fünftägigen Intensivseminaren mit Vollverpflegung werden den Ju­gendlichen oder jungen Erwachsenen Freiräume ermöglicht, um im Abstand zum Alltag und zur gewohnten Umgebung ihre Mitschüler/-innen und Lehrkräfte neu kennenzulernen, nachzudenken und mit ihnen über die eigene Lebenssituation ins Gespräch zu kommen. Intensive und persönliche Reflexionen ermöglichen neue Orientierungen. Dabei bilden individuelle Entwicklungen und  unterschiedliche Lebensräume (Beruf, Schule, Familie, Clique, Gesellschaft usw.) der Teilnehmer und Teilnehmerinnen die Basis der Reflexion. Die jungen Menschen werden sensibilisiert für die individuelle, persönliche, soziale, multikulturelle und spirituelle Dimension menschlichen Lebens.

Konsequenzen für die pädagogische Arbeit – Erfahrungsbezogenes Lernen

Teamer in den OASE-Intensivseminaren gehen von der unmittelbar erlebten Wirk­lichkeit der Kursteilnehmer/innen aus. Die konkrete Realität der Jugendlichen ist die Basis unserer Arbeit. Erst dadurch kann sie für sie interessant und glaubwürdig werden. Die Akzeptanz jugendlicher Lebensentwürfe fördert die Kommunikation der Jugendlichen untereinander.

Die individuellen Lebenswege werden im Rahmen des Seminars so miteinander verknüpft, dass interpersonale Beziehungen ermöglicht werden und positiv gestaltet werden können.

In dieser Arbeit finden auch die Zwänge, in denen die Einzelnen in unserer Gesell­schaft leben und denen sie ausgesetzt sind, Berücksichtigung und werden angespro­chen.

Didaktik

In dem Prozess jeder Gruppe ergeben sich Phänomene, die oftmals von grund­legender menschlicher, sozialer, politischer und religiöser Relevanz sind. Jeder Teil­nehmer ist an dem Prozess beteiligt und hat auf eigene Weise an der Entstehung mitgewirkt. Die Bewältigung dieser Probleme eignet sich besonders für Lernerfahrun­gen, die sich gegen ein rein kognitives, nach Leistung bewertetes Lernen richten, Eigenverantwortliches Lernen wird gefördert.

Das Team orientiert sich in Planung und Gestaltung des Seminars an diesem Pro­zess, reflektiert das Gruppengeschehen und bezieht es kontinuierlich in die konkrete Arbeit ein. Daher gestaltet sich jedes Seminar unterschiedlich.

Methodik

Das Leitungsteam berücksichtigt bei der Wahl der Methoden Wünsche und An­sprüche der Teilnehmergruppe  und der Lehrkräfte. Es signalisiert dadurch die Bereit­schaft, offen mit den Teilnehmern zu leben, und eigenes Denken und Handeln vor den Teilnehmern zu verantworten und kritisierbar und korrigierbar zu bleiben.

In der methodischen Vorgehensweise nimmt die Sensibilisierung für die eigene Person, für Prozesse in zwischenmenschlichen Beziehungen und für den spirituellen Gehalt der individuellen und sozialen Erfahrungen breiten Raum ein. Moderne Arbeitstechniken werden handlungsorientiert nutzbar gemacht.

Partizipation

Die Anforderungen der Gruppe werden in der Balance gehalten zu den Erwartungen und Wünschen Einzelner. Das Konzept ist offen für Eigeninitiative und selbstverant­wortetes Handeln der Teilnehmer/innen. Entscheidungen werden transparent ge­macht und für Kritik geöffnet. Dadurch kann die Kommunikationsfähigkeit aller ange­regt und aufrechterhalten werden. Die Partizipation an den Entscheidungen und der Themenauswahl beinhaltet die Chance zum selbstbestimmten Lernen in der Gruppe, fördert den Umgang miteinander und regt zur Spontaneität an.

Gruppe

Die Gruppe hat wichtige Orientierungsfunktion für den sozialen Umgang miteinander. Sie bietet Raum, um gemeinsame Unsicherheiten und Ängste, Vorstellungen und Perspektiven auszutauschen und Lebensentwürfe auszuprobieren. Die Solidarität untereinander kann stärkend wirken und die Selbst- und Fremdeinschätzung der Teil­nehmer/innen fördern. Sie wird dadurch zum Erfahrungsraum für die individuelle und zwischenmenschliche Realität.

Leitungsteam

Die Teamer verstehen sich als Teil der Gesamtgruppe und treten authentisch, ehrlich und durchschaubar in Beziehung zum Teilnehmerkreis. Dabei sollen Glauben und Leben in eine Einheit gebracht werden. Zentrales Anliegen der Seminare ist ein lebendiges Miteinander, das nicht an Methoden und Strukturen festhält, sondern intensive Begegnung ermöglicht. Die Teamerrolle ist dabei auch geprägt durch die Verantwortung für den gesamten Kursverlauf.

Die Ausbilder/innen  bzw. Lehrkräfte werden situationsorientiert einbezogen. Eine Begleitperson übernimmt in der Regel die Nachtaufsicht.

Inhalte und Themen

Die Jugendlichen erhalten die Möglichkeit, im Abstand zum Alltag und zur gewohnten Umgebung Zeit zu haben, Mitschüler/-innen und Ausbilder/in bzw. Lehrkräfte neu kennenzulernen, neu zu entdecken. Im Mittelpunkt steht dabei die eigene Situation der Teilnehmer. Inhalt des Seminars können alle Themen sein, die damit in Zusam­menhang stehen. Das Team gibt Anregungen, aus denen sich die Jugendlichen The­men auswählen können und regt sie an, eigene Ideen in die Planung mit einzu­bringen. Mögliche Themen können sein:

  • Umgang mit Konflikten
  • Berufsentscheidung und ihre Konsequenzen
  • Umgang mit Drogen (Suchtverhalten)
  • Teamtraining
  • Vorstellungen über die Zukunft
  • Krisenmanagement
  • Selbsteinschätzung – Fremdeinschätzung
  • Umgang mit belastenden Situationen
  • Umgang mit Grenzsituationen des Lebens
  • Umgang mit informationstechnologischen Medien

Stand: 30.05.2017